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Print wirkt – dass Zeitungsverleger das Loblied auf Gutenberg singen, wundert nicht. Wenn aber auch Macher von morgen wie Google noch auf das bedruckte Papier schwören, lohnt es sich, genauer hinzusehen. Studenten des Fachbereichs Design entwickelten ein Kundenmagazin für Google, um die Kommunikation von Google – konzerngewordene Digitalität – zu stärken. Hier erläutern sie, wie sie die digitale Google-Welt in Print übersetzen wollen.

„Google ist eine Institution, die unsere Art und Weise mit Informationen umzugehen, revolutioniert. Wer, wenn nicht Google, darf sich erlauben, auch im Printdesign neue Wege zu beschreiten?“ Jakob Schneider

Vorüberlegungen 
Die gesamte Unternehmenskommunikation von Google basiert bisher ausschließlich auf dem eigenen Internetauftritt. Ein aktives Vermitteln von Unternehmenswerten findet nicht statt. Onlinekommunikation wird jedoch vom Nutzer zumindest tendenziell als kurzlebig empfunden. Ein gedrucktes Kundenmagazin soll daher den Eindruck von Nachhaltigkeit stärken, als respektiertes Kioskobjekt Bindung verankern, die Position von Google als „Inhaltsverzeichnis des Internets“ stärken und Google als gesellschaftlich verantwortungsvollen Absender etablieren. „Don’t be evil“ formulieren die Unternehmensgründer selbst ihren obersten Unternehmensgrundsatz. Daraus resultieren Ehrlichkeit, Offenheit, Transparenz und gesellschaftliche Verantwortung als Kernwerte, die sich auch in den Magazinthemen spiegeln sollen. Modern, freigeistig und offen soll Google kommunizieren – im Stile eines Gesellschaftsmagazins. Leitthema ist die Information und deren Macht über verschiedenste
Lebensbereiche. Beantwortet werden sollen Fragen wie:

Was verändert das Internet an sozialen Gefügen?
Wie verändert sich Kommunikation?
Wie wollen wir künftig leben und arbeiten?
Welche Gefahren bergen unsere gesell-
schaftlichen Systeme für den Menschen?

Erste Ideen 
Google bietet über „Suchbegriffe“ Zugang zu theoretisch jeder Information. Diese “Suchbegriffe“ sollen deshalb auch das Kundenmagazin strukturieren. Die Leserführung leitet sich aus den Lesegewohnheiten des Internets ab. Das stellt den Leser zwar vor die Herausforderung, eine ungewohnte Navigation zu erlernen, soll dafür aber auch die Kernwerte der Google-Markenwelt umso stärker kommunizieren.

Inhaltsverzeichnis

Wer behauptet, dass es stets am Anfang stehen muss? Im Google-Magazin aus Münster markiert es die Mitte. Es gibt keine starren Rubriken. Statt dessen umreißen Schlagworte auf der Inhaltsseite was zusammengehört, erläutern dazugehörende Textboxen, worum es konkret geht. Links und rechts der Inhaltsdoppelseite ergeben sich durch unterschiedlich breite Innenseiten Registerblöcke mit jeweils vier, insgesamt also acht Blöcken, die alle mit einem Griff leicht erreichbar sind. Auf Höhe des Schlagworts sind auf diesen Registerseiten jeweils die Blöcke markiert, in denen das Schlagwort thematisiert wird. So lassen sich auch mehrere Schlagworte kombinieren. Hinter dieser Navigation steht das Prinzip Google: über Suchworte zu Inhalten finden.

Cover
Anders sein, um aufzufallen – nach dieser Regel entstand ein Cover, das vollends auf einen klassischen Magazinkopf verzichtet. Die Nummer der Ausgabe fungiert als Titel, Schlagworte ersetzen die Themenanreißer.

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Inhaltsverzeichnis in der Heftmitte
Die kapitelweise zur Heftmitte immer schmaler werdenden Seiten bilden automatisch eine Art Register.Und Zentrum dieses Registers ist das Inhaltsverzeichnis.

“Qualität ist krisensicher”.
Prof. Rüdiger Quass v. Deyen: „Um Kommunikation emotional erfahrbar zu machen, braucht es die Inszenierung durch den Gestalter. Sie ersetzt fehlende emotionale Erfahrung. Denn was vor dem Lesen geschieht, ist für den kommunikativen Prozess ebenso wichtig wie das Lesen und Verstehen der Informationen selbst. Das bedeutet, dass die Stimmung, die mit der Botschaft ankommt – die Inszenierung der Information in der Fläche – die Einstellung des Lesers zu Inhalt und Absender prägt. Der Leser nimmt an oder lehnt ab. Er mag oder er mag nicht. Er findet etwas symphatisch oder unsymphatisch.

Weil im Corporate Publishing die grafische Form immer auf den Absender verweist, verbindet sich mit annehmen oder ablehnen immer sofort auch ein Wert. Bedenken wir, dass diese Einstellung gegenüber dem Absender den Leser meist dauerhaft prägt, kann man sich der Wichtigkeit journalistischer
und nichtwerblicher Gestaltung nicht mehr verschließen. Die Qualität der visuellen Kommunikation ist daher nicht nur ein Erkenntnis gewinnender Effekt, sondern eben auch Werte schaffender Vorgang für das Unternehmen. Und: Qualität ist krisensicher. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.“

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Stadt ohne Namen – Gestaltet von Till Wiedeck 
„Das Piktogramm für Information wird durch einen dunklen Klebestreifen zum Christus-Kreuz. Gleichwohl wird das Zeichen auf diese Weise überklebt, sprich zensiert. Damit werden Urheber und Auswirkung in einem Bild verbunden. Eine Aneinanderreihung von Klebestreifen symbolisiert einen zensierten Text und nimmt Bezug auf vorenthaltene Textstellen aus den Evangelien.“

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Such Dir eine neue Sucht – gestaltet von Katrin Reidegeld
„Die stetig wachsende Verfügbarkeit von Amateurpornoaufnahmen im Internet steigert die Wahrscheinlichkeit, Dinge aus dem näheren Umfeld besser kennen zu lernen, als einem lieb ist. Dieses Abschreckungspotenzial wird durch wenig appetitliche Nahaufnahmen von Körperbehaarung klargemacht.“

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dummy_21Die Macher des Google Magazins: Linda Einhoff, Till Wiedeck, Eva-Maria Schröder, Jakob Schneider, Andrey Duhnev, Katrin Reidegeld, Henning Walther, Katja Vogt